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Einleitung

In ihrer Geschichte hat die Mathematik der Physik immer wieder mit Konzepten vorgegriffen, die zunächst in der Natur noch auf ihre Entdeckung warteten. Ein schönes Beispiel hierfür sind die geometrischen Strukturen, die heute zur Strukturbeschreibung von Quasikristallen dienen. Johannes Kepler behandelte in seiner ``Weltharmonie'' die lückenlose Überdeckung eines Raumes durch Flächenstücke, ein Konzept, das heute Tiling (zu deutsch: Parkettierung) genannt wird: als Verallgemeinerungen der periodischen Zellkomplexe, mit denen gewöhnliche Kristalle beschrieben werden, lassen die Tilings nichtkristallographische Punktsymmetriegruppen zu und eignen sich damit zur Beschreibung von Quasikristallen. Im II. Buch der ``Weltharmonie'' zeigt Kepler bereits ein fünfzähliges Muster, das bei geeigneter Fortsetzung die ganze Ebene füllen soll - leider ohne Beweis. ``Structura est laboriosissima et artificiosissima'' (``Die Struktur ist höchst mühsam und kunstreich''), bemerkt er dazu.
Bis zur Entdeckung der Quasikristalle war es jedoch noch ein langer Weg: 1974 fand Penrose [Pen74] die erste fünfzählige Überdeckung der Ebene mit zwei Prototiles (Sorten gleichgeformter Tiles), und erst 1984 veröffentlichten Kramer und Neri [Kra84] eine ikosaedrische Raumfüllung mit zwei Prototiles. Wenige Monate später - man sieht oft nur, worauf man vorbereitet ist - entdeckten unabhängig voneinander und beinahe gleichzeitig D. Shechtman, I. Blech, D. Gratias und J. W. Cahn [She84] sowie T. Ishimasa, H. Nissen und Y. Fukano [Ish85] Metallegierungen, deren Beugungsbilder ikosaedrische, also nichtkristallographische Symmetrie und scharfen Bragg-Reflexe aufwiesen, die ersten bekannten Quasikristalle. Seit 1987 sind ``perfekte'' ikosaedrische Quasikristalle bekannt, bei denen die Schärfe der Braggreflexe in der Größenordnung der besten erreichbaren Instrumentenauflösung liegt.
Der Begriff ``quasikristallin'' wird im Moment nicht einheitlich verwendet: als Kriterium gilt allgemein ein Beugungsbild mit dominanten Braggreflexen, zu deren Indizierung mehr als 3 ganzzahlige Indizes nötig sind. Zur Unterscheidung von inkommensurablen Phasen wird häufig zusätzlich eine nichtkristallographische Symmetrie des Beugungsbildes gefordert. Mittlerweile sind viele quasikristalline Phasen bekannt: in der Regel handelt es sich dabei um binäre oder ternäre intermetallische Verbindungen, teilweise mit geringen - unter Umständen noch unbekannten - nichtmetallischen Beimengungen. Die quasikristalline Ordnung kann sich in einer, zwei oder drei Raumdimensionen zeigen, in den anderen Richtungen liegt periodische Ordnung vor. Nichtkristallographische Symmetrie äußert sich im Beugungsbild, oft auch in der Facettierung von Mikrokristalliten und Löchern. Als lesenswerte Einführung in das Thema ist das Buch ``Quasicrystals - a primer'' von C. Janot [Janot] sehr zu empfehlen.


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