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Phasonen und Random Tilings

Eine globale Translation eines Kristallgitters wirkt sich im Beugungsbild lediglich durch globale und in gewöhnlichen Beugungsmethoden ``unsichtbare'' Phasenfaktoren aus, genauer gesagt, durch drei unabhängige Phasen für die drei Raumrichtungen.
In Analogie dazu können wir bei den ikosaedrischen Quasikristallen sechs Phasenfaktoren frei wählen. Diese sechs Freiheitsgrade entsprechen im Bilde der Schnittmethode der Wahl eines sechsdimensionalen Aufpunktes für den Schnitt, also drei physikalischen und drei internen, sogenannten phasonischen Freiheitsgraden. Verschiebt man den Schnitt um einen reellen Vektor tex2html_wrap_inline5071, so werden in tex2html_wrap_inline4887 an manchen Stellen Punkte verschwinden, an anderen neue Punkte auftauchen. Die closeness condition ist die Forderung an die Wahl der Fenster, daß das Verschwinden und Auftauchen von Punkten immer gleichzeitig an benachbarten Stellen geschehen soll, sodaß beim Verschieben des Schnittes lediglich Sprünge im physikalischen Raum, sogenannte Flips, auftreten. Die Flips sind über weite Strecken miteinander korreliert (siehe Abbildung 2), und das durch die Verschiebung entstehende Tiling ist lokal isomorph zum ursprünglichen.

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Abbildung 2.4: Verschiebung des Schnittes und lokale Phasonen

In Analogie zu den Phononen, ortsabhängigen Translationen eines Gitters, kann man eine ortsabhängige Verbiegung des Schnittraumes einführen, die zu lokalen, unkorrelierten Flips, sogenannten Phasonenstörungen führt. (siehe Abbildung 2).
Durch die Durchführung von Phasonenflips lassen sich aus einem idealen Tiling Random Tilings gewinnen. Diese sind nicht mehr lokal isomorph zu idealen Tilings. Im Beugungsbild machen sich beschränkte Fluktuationen des Schnittes durch einen Debye-Waller-Faktor für die Reflexe und durch diffuse Streuung bemerkbar.
Entfernt sich dagegen der Schnitt mit zunehmendem tex2html_wrap_inline4997 im Mittel linear vom ursprünglichen Schnitt, so verschieben sich die Braggreflexe, und die Symmetrie des Beugungsbildes ändert sich. Im Falle eines geraden Schnittes mit rationaler Steigung erhält man als Resultat der phasonischen Störungen einen periodischen Approximanten, dessen Beugungsbild ein gewöhnliches Gitter ist. Wird der Schnitt derart gewählt, daß tex2html_wrap_inline4937 durch einen genäherten Wert tex2html_wrap_inline5079 mit aufeinanderfolgenden Fibonaccizahlen tex2html_wrap_inline5081 und tex2html_wrap_inline5083 ersetzt wird, spricht man von einem tex2html_wrap_inline5079-Approximanten. Mit besserer Annäherung von tex2html_wrap_inline4937 durch höhere Fibonaccizahlen wächst die Größe des Approximanten und bildet eine immer bessere Annäherung an die ideale Struktur. Durch die Einführung der Phasonen kommt man zur Betrachtung eines statistischen Ensembles von Random Tilings. Die vielen Realisierungsmöglichkeiten führen zu einem Entropiebeitrag. In den Random Tiling Modellen wird angenommen, daß dies der entscheidende Beitrag zur freien Energie F=U-TS ist, der zu einer Stabilisierung der quasikristallinen Phase führt. Diese Annahme wird durch die Tatsache gestützt, daß alle bisher bekannten Quasikristalle Hochtemperaturphasen sind.


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